Stuttgart ist liebenswert

Das bisschen Haushalt … kostet 25 Euro. Jedenfalls, wenn man mit ihm innerhalb Stuttgarts umzieht und sich nicht an das Meldegesetz hält. Das schreibt vor, sich binnen einer Woche beim Bürgerbüro umzumelden. Leider lernt man das nicht in der Schule. In Stuttgart lernt man fürs Leben. Zum Beispiel, dass man ein Auto mit – sagen wir mal – Kölner Kennzeichen nicht drei Tage in einer Stuttgarter Straße parkt. Man muss es ummelden. Sonst zeigen einen die Nachbarn an. Die Nachbarn zeigen einen auch an, wenn man samstags seine Kehrwoche nicht verrichtet. Wenn man Glück hat, klingeln sie erst. Manche Leute sind kontaktfreudig.

Als ich anlässlich des Umzugs das Auto am Rande eines “Privatparkplatzes” abstellte, um ein paar Kisten auszuladen – dieser Parkplatz befindet sich direkt vor meiner Haustür –, tippte mir ein kontaktfreudiger Nachbar auf die Schulter: “Bidde gäbet Sie den Parkplatz frei, mei Dochter gommd jäden Momend.” – “Jäder Momend” trat in den nächsten vier Stunden nicht ein. Statt dessen trat der Nachbar ein. Nach vier Tagen. Und zwar ungefragt in meine Wohnung. Die Tür stand offen, der Herr suchte wohl Kontakt. Er orientierte sich, deutete auf eine Stehlampe: “Die scheind in onsre Wohnung. Könned Sie die bidde omschtelle?” – Ich war sprachlos. Was macht der Mann bei Vollmond?
Aber ich schweife ab. Aus hier nicht relevanten Gründen fand ich zwei Monate zu spät den Weg ins Bürgerbüro. “Wann war Ihr Einzug?”, fragte die Sachbearbeiterin. “Anfang Juli.” – “Dann muss ich Sie kostenpflichtig verwarnen. Macht 25 Euro.” Ich schaue mal wieder sprachlos, die Umstehenden erklären sich solidarisch. Die Dame ficht das nicht an. “Sie können sich auch nicht einverstanden erklären, dann notiere ich das und Sie bekommen eine Anzeige.” Ich erkläre mich nicht einverstanden, sie notiert das, ich bekomme eine Anzeige – samt der Aufforderung, 25 Euro zu überweisen. Gehen Sie direkt ins Gefängnis. Gehen Sie nicht über Los und ziehen Sie keine 4000 Mark ein.
Immerhin: “Es steht Ihnen frei, sich zu dem Fall zu äußern. Dann erheben wir aber ein Bußgeld von 40 Euro und 5,60 Euro Bearbeitungsgebühr.” Ich ergebe mich.
Meine Schwester hat das, wie ich später erfuhr, vor Jahren im Rheinland anders erlebt: “Wann sind Sie denn umgezogen?”, hatte der Sachbearbeiter gefragt. Und gleich hinzugefügt: “Sie müssen jetzt sagen: Vor ein bis zwei Wochen. Sonst kostet Sie das 50 Mark.” – “Mal überlegen”, hatte meine Schwester geantwortet. “Das war so vor ein bis zwei Wochen.” – “Na, dann ist ja gut”, sagte der Sachbearbeiter. “Sonst hätte das teuer werden können.”

Text: Thomas Preuß