(Kolumne von 2006, kommentiert 2020)
„Einfach die Welt verändern“ titelte der Stern Anfang Februar (ok, 2006 war das, aber die Kolumne ist auch 2020 noch lustig, finde ich). Die Redaktion schlägt uns „55 Tipps für eine bessere Welt“ vor. Darunter folgende:
„Lesen Sie doch mal einem Kind eine Geschichte vor. Das schafft Nähe und Fantasie …“
„Schließen Sie den Wasserhahn beim Zähneputzen. Sonst laufen pro Minute 5 Liter Wasser in die Kanalisation.“
„Benutzen Sie Papier beidseitig. Jeder Deutsche verbraucht jährlich 230 Kilogramm Papier.“
„Versuchen Sie’s mal ohne Fernsehen.“
Lesen Sie die HuW (Anmerkung 2020: das war die Zeitschrift, in der die Kolumne erschien, „Hauswirtschaft und Wissenschaft)!
„Werfen Sie Müll in die Tonne.“
Und den Stern in die grüne …
Man sollte meinen, da die Zeitschrift doch angeblich eher von überdurchschnittlich Intelligenten gelesen wird, das alles sei klar. Aber vielleicht überschätze ich die Welt. Oder die Redaktion will auch schlichtere Gemüter gewinnen, die noch nie über sich und die Welt nachgedacht haben. Ihr seid Deutschland!
Wir wollen nicht nachstehen und erweitern die Liste gern.
1. Lesen Sie mehr Zeitungen, damit Sie wissen, was in der Welt vorgeht und sie ändern können.
2. Lesen Sie keine Zeitungen mehr. Denn auch Sie verbrauchen jährlich 230 Kilo Papier. Und Sie gewinnen Zeit, um die Welt zu verbessern.
3. Oder kaufen Sie nur noch eine Zeitung für Ihr ganzes Dorf. Spannen Sie dann zum Lesen einen Arbeitslosen, einen Armen, eine Alte und eine Ausländerin ein, die Ihnen abends die Welt erklären, damit Sie sie am nächsten Morgen verbessern können.
4. Stellen Sie Ihren Computer in der Mittagspause aus. Das spart Energie.
5. Lassen Sie ihn laufen und kaufen Sie Aktien der großen Energieversorger. Von den Gewinnen können Sie im nächsten Jahr die Welt verbessern.
6. Hören Sie Ihrer Frau mal zu. Das macht sie glücklich, und vielleicht revanchiert sie sich ja. In Paarbeziehungen gibt es viele Möglichkeiten für Tauschgeschäfte.
7. Hören Sie Ihrer Frau nicht zu. Sie sparen wöchentlich 21 Minuten, in denen Sie die Welt verbessern können.
8. Hören Sie auf, Ihre Frau zu ärgern. Auch wenn Sie meinen, damit Ihre eigene kleine Welt verbessern zu können. Es gibt sinnvolleren Zeitvertreib.
9. Falls Sie Ihre Frau noch nie geärgert haben, überlegen Sie, ob Sie es nicht mal tun sollten. Ihre Frau wird Sie verlassen und glücklicher sein. Und Sie haben mehr Zeit, die Welt zu verbessern. Aber schieben Sie die Schuld nicht auf mich, wenn’s klappt.
10. Wenn Sie Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank sind: Nehmen Sie die vielen Millionen Euro, die Sie im letzten Jahr an Gewinnen gescheffelt haben, und schaffen Sie davon neue Jobs. Sie werden sehen, wie die Presse Sie hochjubelt und sich die Welt von ganz allein ändert. Jedenfalls für Sie. (Okay, 2006 war noch eine Zeit, als die deutschen Banken Gewinne machten …)
Nehmen Sie Falschparkern die Tickets vom Auto
11. Schalten Sie nachts das Licht aus. Das spart Energie.
12. Lassen Sie nachts, vor allem, wenn Sie in einer Gegend ohne Laternen wohnen, das Licht an. Nachtschwärmerinnen haben dann weniger Angst auf dem Heimweg und werden es Ihnen danken.
13. „Klauen“ Sie Falschparkern die Tickets von der Windschutzscheibe. Die müssen zwar trotzdem zahlen, aber sie können in der Nacht ruhig schlafen, weil sie es noch nicht wissen.
14. Denken Sie an den Geburtstag Ihrer Frau.
15. Schenken Sie ihr Blumen, das macht sie glücklich.
16. Schenken Sie ihr keine, sondern spenden das Geld für einen guten Zweck. Das macht sie zwar nicht glücklich, aber jemand anders. Und Sie wollten sich doch sowieso schon lange scheiden lassen.
17. Wenn Sie Bundeskanzlerin sind (sieh an, das passt auch 2020 noch): Finanzieren Sie alle Sozialabgaben über Steuern, führen Sie die Rente mit 55 ein, bringen Sie die 15- bis 35-Jährigen in Arbeit und schicken die Alten nach Mallorca. Kostet genauso viel.
18. Fangen Sie bei sich an.
19. Und wenn Sie Donald Trump sind (hier stand im Original: George W. Bush), machen Sie es genauso.
20. Wenn Ihnen diese Kolumne gefällt, kopieren Sie sie und geben Sie sie weiter. Aber nur einmal und als Rundlauf. Denn jeder Deutsche verbraucht jährlich 230 Kilogramm Papier.
21. Gehen Sie mal wieder billig essen und verbessern Sie mit dem gesparten Geld die Welt.
22. Verzichten Sie auf Gammelfleisch und gehen Sie extra teuer essen.
23. Und zwar mit Ihrer Frau.
24. Die hat bei Ihnen noch was gut.
25. Betrachten Sie es als Tauschgeschäft. Sie werden sehen, wie sich die Welt für Sie ändert. Die 21 Minuten hatten Sie ja sowieso übrig.
(Text: Thomas Preuß, Bild: Erik Liebermann)